Rhein-Zeitung – 14. April 1989
Kresnik, Heidelberger Tanzensemble, "Ödipus", 1989
NUR KEINE EHRFURCHT
Heidelberg: Helnwein gestaltet Bühnenbild zu "Ödipus"
Kresnik, der wieder mit dem in Burgbrohl lebenden Maler Gottfried Helnwein zusammenarbeitet, zeigt nicht die geringste Ehrfurcht vor Sophokles: Die Aufführung benutzt den König Ödipus, um gegen den Mythos vom unausweichlichen Leid und schuldlosen Jammer des Seins zu protestieren.
02.Jan.1989 Katalog, Folkwang Museum Essen – 2. Januar 1989
one man show, Folkwang Museum Essen, Germany, 1998
GOTTFRIED HELNWEIN ODER DIE WELT HINTER DEN DINGEN, EINE BETRACHTUNG
Wenn wir von Helnwein sagen, er habe von aussen nach innen gemalt, dann heisst das,daß seine minutiöse und bohrend-insistierende Arbeitsweise, die die geschaute Wirklichkeit brutal interpretiert, eine hinter den Dingen im Verborgenen liegende Welt aufzudecken versucht.
Tigris, Köln – 30. November 1988
DAS GROSSE LEXIKON DER GRAPHIK, 1989
DAS GROSSE LEXIKON DER GRAPHIK,
Helnwein, Gottfried, *8. 10. 1948 in Wien. H. studierte ab 1965 an der Wiener Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt, ab 1969 an der Wiener Akademie.
In photographischer Schärfe stellt H. leidende, kranke, deformierte Menschen dar. Seine Zeichnungen zu Edgar Allan Poe erinnern an Alfred Kubin.
Frankfurter Allgemeine – 29. Oktober 1988
Installation "Ninth November Night" at the Ludwig Museum, Cologne 1988
EVIDENTER ZUFALL
Hinter dem Dom hatte kürzlich der Maler Gottfried Helnwein zur Erinnerung an die sogenannte Reichskristallnacht siebzehn bleich geschminkte Riesenportaits von Kinderköpfen aufgestellt.
Die von Maler beabsichtigte "rassische" Ähnlichkeit der Kinder mit jenen Bevölkerungsgruppen, die damals von den Nazis verfolgt wurden, besass eine vergleichbare Evidenz des Zufalls wie die Geistertöne aus Graz.
Unbekannte fühlten sich angesprochen.
Sie haben jetzt die Bilder mit Messern traktiert und den abgebildeten Kindern buchstäblich die Kehle duchgeschnitten. Erst durch die Zerstörung seines Werks nimmt Helnweins Aussage Gestalt an.
Bill Fontanas Mikrophone hätten in dieser Kölner Nacht das aufzeichnen können, was sie in Graz vergeblich suchten.
Kölner Kulturberichte – 27. Oktober 1988
Installation "Selektion - Neunter November Nacht" in Berlin, 1988
POLITISCHER ANSPRUCH
Helnweins Bilder bei Koppelmann und am Museum
Parallel zur Ausstellung hat Helnwein im Fußgängerbereich zwischen Hauptbahnhof und Museum Ludwig eine 100 Meter lange Bilderstraße installiert. Das Projekt "Neunter November Nacht" nimmt die sogenannte Reichskristallnacht von 1938 zum Anlaß, an den Wahnsinn und die Grausamkeit der faschistischen Ideologie zu erinnern. Die Passanten werden mit überlebensgroßen Kindergesichtern konfrontiert, die in endloser Reihe wie zur Selektion aufgestellt sind. Kunst tritt hier, mit einem eindeutigen politischen Anspruch im öffentlichen Raum auf. (Galerie Koppelmann, Friesenplatz 23, Di - Fr 14.30 -19, Sa 11-14 Uhr, bis 30. 10., Vorplatz Museum Ludwig, bis 9.11).
Kölner Stadtanzeiger – 26. Oktober 1988
Installation "Selektion - Neunter November Nacht", Museum Ludwig, Köln, 1988
KINDERPORTRAITS MIT MESSER ZERSTÖRT
Ein spektakulaeres Kunstwerk, Gottfried Helnweins Fotoprojekt "Neunter November Nacht', das an die Synagogenzerstoerung der "Reichskristallnacht erinnern soll, ist selbst das Ziel eines Anschlages geworden.
In der Nacht zum Dienstag hat ein Unbekannter alle siebzehn Kinderportraits , die zur photokina auf der Plattform zwischen Dom und Museum Ludwig aufgestellt worden waren, mit Messerschnitten zerstoert.
Helnwein, dessen Arbeiten auch in der Galerie Koppelmann gezeigt werden, hatte die Aktion selbst finanziert. Er erstattete Strafanzeige.
[go:] Installation "Neunter November Nacht", Museum Ludwig, Cologne, 1988
Frankfurter Allgemeine – 11. Oktober 1988
Installation "Selektion - Neunter November Nacht", Museum Ludwig, Köln, 1988
ÄFFLINGE UND TSCHANDALEN
Die Bilderstrasse zwischen dem Kölner Dom und dem Museum Ludwig ist hundert Meter lang. Jedes der Bilder ist vier Meter hoch
Es sind täglich Tausende, die den hinteren Teil der Domplatte passieren, und die weitaus meisten von ihnen, die nur die Bildersprache der Werbung an dieser Stelle kennen, sind verdutzt, empört, schockiert über die bleichen Kindergesichter,die im Scanachrome-Verfahren auf Kunststoffolie gebracht worden sind.
Kaum war die Bilderstrasse installiert, kam es schon zu ersten Beschädigungen: Nachts wurde mit Messern in die, durch das Schminken verfremdeten, alt wirkenden grossformatigen Kinderportraits hineingestochen, ein Bild wurde gestohlen.
Kölner Museen und die Stadtverwaltung erhalten täglich Dutzende Anrufe und befinden sich im Erklärungs- und Legitimationszwang.
Basler Zeitung – 1. Oktober 1988
Installation "Selektion - Neunter November Nacht", Museum Ludwig, Köln, 1988
BILDERSTRASSE VON GOTTFRIED HELNWEIN ZUR "PHOTOSZENE 1988" IN KÖLN
Im Rahmen der "Internationalen Photoszene 1988" in Köln hat der Künstler Gottfried Helnwein eine Bilderstrasse installiert, die sich auf einer Länge von hundert Metern zwischen dem Kölner Dom und dem Museum Ludwig erstreckt.
Kölnische Rundschau – 20. September 1988
Installation "Selektion - Neunter November Nacht", Berlin, 1988
KINDER KÜNDIGEN DIE PHOTOKINA AN
Fotowand des Malers Helnwein am Museum
Kindergesichter auf einer Länge von 50 Meter kündigen es an der Fußgängerbrücke von der Domplatte zur Hohenzollernbrücke schon jetzt unübersehbar an: Die "photokina" naht.
Mit Unterstützung des Museums Ludwig zeigt der österreichische Maler Gottfried Helnwein Kinder aus der Nähe von Burg Brohl, wo der Künstler seit einigen Jahren wohnt.
Abendzeitung, Nürnberg – 7. Juli 1988
Abendzeitung, Nürnberg, 1988
LÄSST SICH MIT DIESEM ERBE LEBEN?
Experten-Umfrage zum Nürnberger Symbosium über den Umgang mit der Nazi-Architektur
Gottfried Helnwein (40), Wiener Maler und Aktionskünstler, der für den Goldenen Saal ein multimediales Projekt zum Thema "Untermensch" plant:
"Das gesamte Reichsparteitagsgelände sollte stehen bleiben als Monument. Die Stadt müsste aber Künstlern, die sich mit der Thematik befassen, Gelegenheit geben, die Nazi-Architektur durch Gegenästhetik zu brechen. Dabei darf man allerdings nichts wegkreiren; die künstlerische Auseinandersetzung müsste mit diesem Monument korrespondieren. Vielleicht lässt sich dann erreichen, dass das Gelände den Nimbus eines Wallfahrtsorts verliert."