helnwein österreich

Neue Passauer Rundschau – 3. August 1999

"Apokalypse" Installation in der Dominikanerkirche, Krems, 1999

UNSCHULD UND VERLETZLICHKEIT

von Irmgard Schmidmaier

"Apokalypse" - Eine Installation von Gottfried Helnwein
In zahlreichen Variationen stellt Helnwein sein Lebensthema dar, die Grausamkeiten und Abgründe der Menschen.
Lyrische Titel der jüngsten Zyklen, "Angel Sleeping" oder "Saint Silent", legen eine ironisch-mehrdeutige Spur.
Doch was Helnwein zu sagen hat, das malt er auch, genau und unerbittlich.
Die Fotoserie "Poems" in der Krypta geht den umgekehrten Weg. Hier lassen die Bilder - durch Unschärfen, Verschleierung und Farbirritationen verfremdet - die Spuren von Tod und Grauen nur erahnen.

Babys sind Monster, deformiert, verzerrt, todgeweiht. Gottfried Helnwein ist nicht der Mann für subtile Andeutungen. Seine Botschaft kommt auf Riesenleinwänden daher, gnadenlos genau, ohne Fluchtmöglichkeit für den Betrachter. "Engelsturz", das zentrale Werk in der Ausstellung "Apokalypse" in der Dominikanerkirche Krems, füllt den Chorraum in voller Höhe. Zum ersten Mal seit fast zehn Jahren ist in Österreich wieder eine Einzelausstellung des einstigen "Bösen Buben" der Wiener Kunstakademie zu sehen. "Apokalypse" zeigt über 60 Arbeiten auf Leinwand, Fotografien und computergenerierten Bildern Helnweins aus den Jahren 1985 bis heute, über 20 davon sind erst in diesem Jahr entstanden.

Angels Sleeping, 200 x133cm
oil and acrylic on canvas, 1999
www.helnwein.org/werke/leinwand/group16/image.html

Auf der Leinwand huldigt Heinwein dem Gott Realismus. Opfergaben sind die Verletzungen, die er seinen Motiven mit Pinsel und Computer zufügt. Lustvoll, wie es scheint, verleiht er einem Baby die faltige Haut eines alten Menschen, zeigt verstümmelte, verwachsene Gesichter. Im Zentrum der Kremser Installation steht das Kind als Inbegriff von Unschuld und Verletzlichkeit. Beim Meister des fotorealistischen Grauens wird es zum Kronzeugen von Gewalt, Tod und Grauen.

Nur auf den ersten Blick sind die Darstellungen "Epiphanie", "Vorhölle" oder "Elisa erweckt das Tote Kind" religiös motiviert. Eine unübersehbare Diskrepanz zwischen der zunächst ruhigen, fast abgeklärten Stimmung seiner Bilder und dem Dargestellten schafft Irritation: Doch wo sie nicht äußerlich, in gequälten und gefolterten Menschengestalten erkennbar ist, zieht Helnwein mit den Ikonen des Nationalsozialismus eine zweite Ebene der Verstörung ein.

"Epiphanie", acrylic on canvas
www.helnwein.org/werke/leinwand/group7/image.html

In zahlreichen Variationen stellt Helnwein sein Lebensthema dar, die Grausamkeiten und Abgründe der Menschen. Lyrische Titel der jüngsten Zyklen, "Angel Sleeping" oder "Saint Silent", legen eine ironisch-mehrdeutige Spur. Doch was Helnwein zu sagen hat, das malt er auch, genau und unerbittlich. Die Fotoserie "Poems" in der Krypta geht den umgekehrten Weg. Hier lassen die Bilder - durch Unschärfen, Verschleierung und Farbirritationen verfremdet - die Spuren von Tod und Grauen nur erahnen.

Gottfried Helnwein, "Apokalypse" Installation
www.helnwein.de/werke/aktionen/tafel_3.html

03.Aug.1999 Neue Passauer Rundschau Irmgard Schmidmaier